viscom/print+communication als führende Verbände der grafischen Industrie der Schweiz und am Ende deren Stimme auf politischer Ebene, sind es leid, wenn auf dem Buckel dieser Branche pseudomässige Umwelt- und Nachhaltigkeitsmassnahmen ergriffen werden sollen. Die Motion Christ verlangt vom Bundesrat, dass die heutige gut funktionierende Opt-Out-Lösung für unadressierte Werbung in Briefkästen mit dem Kleber «Bitte keine Werbung», durch eine Opt-in-Lösung ersetzt werden soll. Unadressierte Werbung erhalten künftig nur noch diejenigen, welche es ausdrücklich wünschen.

An dieser Stelle könnten wir ein umfangreiches Argumentarium zu den werbetechnischen und wirtschaftlichen Vorzügen unadressierter, gedruckter Werbung aufführen. Dies überlassen wir der Schweizerischen Post (siehe PDF-Anhang), welche die einzelnen Punkte in ihrem Positionspapier ausführlich beschreibt. Und klar, wir argumentieren zugunsten der wirtschaftlichen Interessen unserer Mitgliederbetriebe. Weniger unadressierte gedruckte Werbung in den Briefkästen heisst weniger Aufträge für die grafische Industrie, heisst weniger Umsatz, aber auch weniger Arbeitsplätze, weniger Lehrstellen. Natürlich: wir alle müssen auf dem Weg zur klimaneutralen Schweiz unseren Beitrag leisten. Da scheinen die Klagen einer Industrie, die angesichts des durch die Digitalisierung ausgelösten Strukturwandels vor weiteren Belastungen warnt, vernachlässigbar zu sein.

Was aber völlig unbeachtet bleibt bei dieser Motion, ist deren falsches Kernargument: «Schluss mit den Papierabfallbergen». Diese Abfallberge existieren nicht. Papier, welches ob ungelesen oder gelesen nicht mehr gebraucht wird, landet im gut organisierten, privatwirtschaftlich geführten Recyclingsystem der Schweiz – es ist kein Abfall, sondern ein wertvoller Rohstoff. Gesteuert wird das System durch den Verein «Recycling Papier + Karton». Der Verein fördert die effiziente stoffliche Verwertung von gebrauchtem Papier und Karton in der Schweiz. Mitglieder sind Partner der Wertschöpfungskette Papier. Rund 90% des in der Schweiz verwendeten Faserstoffes für die Papierherstellung kommt aus diesem Recyclingkreislauf. Nicht aus den Urwäldern des Amazonas oder Indonesiens. Kommt dazu: dieses seit Jahrzehnten bewährte Kreislaufwirtschaftssystem finanziert sich ausschliesslich privatwirtschaftlich und ohne Steuerfranken. Wenn andere Industrien der Schweiz ein ähnlich gut organisiertes Recycling-System hätten, würde es um unsere Umwelt besser stehen.

Zusammengefasst: die Motion Katja Christ sabotiert am Ende nur ein gut funktionierendes und bewährtes Kreislaufwirtschaftssystem. Papier ist kein Abfall, sondern ein wertvoller Rohstoff für die Wiederverwertung. Der Öffentlichkeit gaukelt man mit der Motion vor, etwas Gutes für Umwelt und Nachhaltigkeit zu tun. Das nennt man Pseudopolitik, die mehr Schaden als Nutzen verursacht. Wir appellieren an den Ständerat, diesen klaren Fehlentscheid zu korrigieren.